Studienergebnisse: Worauf KMU bei der Nutzung von AutoML achten sollten

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Bereits seit einigen Jahren sind unter der Bezeichnung Automated Machine Learning, kurz AutoML, Angebote auf dem Markt erhältlich, die versprechen den Einsatz von maschinellem Lernen (ML) durch Automatisierung bestimmter Aufgaben zu erleichtern. Im Rahmen einer Studie wurde nun die Eignung der verfügbaren Angebote für die spezifischen Anforderungen von KMU im produzierenden Gewerbe untersucht.

Wie im News-Beitrag Wie KMU von AutoML profitieren können angekündigt, wurden in den letzten Monaten im Rahmen einer Interviewstudie mit zwölf KMU aus Österreich, Deutschland und der Schweiz konkrete Anwendungsfälle für AutoML unter die Lupe genommen. Die Studie beleuchtet die Herausforderungen von KMU im Umgang mit dem Thema künstliche Intelligenz (KI) und wirft einen kritischen Blick auf den Einsatz von AutoML in KMU. Die Studie legt den Schluss nahe, dass AutoML den Einsatz von KI in KMU unter bestimmten Umständen erleichtern kann, es aber kein Allheilmittel ist, welches eine KI-Initiative zum Selbstläufer macht.

Die Studie deutet darauf hin, dass AutoML zum Aufbau interner Fähigkeiten im Bereich ML eingesetzt werden kann. In dieser Hinsicht macht AutoML die Beschäftigung von Data Scientists oder ML- Experten für KMU attraktiver. Mehrere Studienteilnehmer zweifelten die Durchführbarkeit einer internen KI-Entwicklung unter der Leitung eines ML-Experten an, sahen aber aus Kostengründen auch keine Möglichkeiten mehr Personal für entsprechende Projekte einzustellen. Durch AutoML wird die Durchführung eines KI-Projekts unter eigener Regie mit nur einem ML-Experten realistischer. Die Automatisierung bestimmter Modellierungsaufgaben ermöglicht es dem ML-Experten wertvolle Zeit zu gewinnen, die für die Aufbereitung der Daten oder den Dialog mit Domänenexperten oder Nutzern eingesetzt werden kann. Unterstützt durch ein AutoML-Framework können auch Mitarbeitende, die vorher nur wenig mit Data Science oder ML zu tun hatten, in eine KI-Initiative eingebunden werden und das Erstellen eines ML-Models zumindest teilweise übernehmen.

Mithilfe von AutoML lassen sich nicht nur auf spezifische Anforderungen zugeschnittene KI-Lösungen effizient erstellen, sondern auch eingeschränkt funktionsfähige Prototypen. Diese eignen sich als praktisches Kommunikationsinstrument, um beispielsweise Entscheidungsträger für eine KI-Initiative zu gewinnen oder um einen Dialog rund um einen Anwendungsfall anzustoßen. Durch Prototypen lassen sich die Durchführbarkeit und die Rentabilität von KI-Initiativen besser einschätzen und das Vorhaben erfährt mehr Klarheit und Sicherheit.

Obwohl die Ergebnisse der Studie zeigen, dass AutoML Möglichkeiten bietet, den Einsatz von KI in KMU zu erleichtern, sollten Unternehmen sorgfältig evaluieren, ob die Technologie in ihrer aktuellen Situation nutzbringend ist. Zunächst müssen die Entscheidungsträger erkennen, dass die Bewältigung bestimmter Herausforderungen, wie die Beschaffung von geeigneten Trainingsdaten oder der Aufbau eines grundlegenden Verständnisses von KI, eine Voraussetzung für die erfolgreiche Nutzung von AutoML ist. Des Weiteren kann AutoML, trotz anderslautender Versprechungen vieler Anbieter, nicht alle Aufgaben im Entstehungsprozess von ML-Modellen automatisieren. Zentrale Aufgaben wie die Identifizierung und Beschreibung von KI-Anwendungsfällen oder die Beschaffung und Aufbereitung von Daten, können von AutoML nicht automatisiert werden. Auch die angepriesenen Fähigkeiten zur Bereitstellung, Überwachung und Pflege von ML-Modellen unter Produktionsbedingungen können in der Regel nur von kommerziellen AutoML-Plattformen abgedeckt werden. Daher sind trotz der Versprechungen rund um das Automatisierungspotenzial von AutoML ausgebildete Experten erforderlich, um Daten aufzubereiten, die Modellierung zu überwachen und ML-Modelle in die Produktion zu überführen. 

Die Attraktivität von AutoML hängt stark von der verwendeten Implementierung ab. Neben einer großen Überlappung zwischen den Möglichkeiten eines AutoML-Angebots und den Anforderungen eines KI-Anwendungsfalls, ist für viele KMU auch die Verfügbarkeit einer grafischen Benutzeroberfläche von Interesse, die eine Nutzung des Angebots ohne Programmiererfahrung erlaubt (No-Code-Plattform). Die meisten open-source Implementierungen setzen derzeit zumindest grundlegende Programmierkenntnisse voraus. Für KMU, die auf eine No-Code-Lösung angewiesen sind, kommen deshalb meist nur kommerzielle Angebote in Frage. Die Attraktivität von AutoML hängt in diesen Fällen nicht nur vom Anwendungsfall, sondern auch von der Preisgestaltung des AutoML-Anbieters ab.

Entscheidungsträger sollten bei der Bewertung von AutoML unterscheiden, ob AutoML nur einmalig eingesetzt, beispielsweise für die Erstellung eines Prototyps oder einer einfachen KI-Lösung, oder Teil einer langfristigen Strategie zum Aufbau interner ML-Fähigkeiten werden soll. Während Ersteres durch open-source Implementierungen oder kostenlose Testversionen kommerzieller AutoML-Plattformen relativ einfach zu bewerkstelligen ist und keine großen Vorbereitungen oder Verpflichtungen mit sich bringt, ist für Zweiteres eine strategische Analyse von AutoML und dessen Einbettung in die allgemeine KI-Strategie erforderlich. Bei der Analyse sollten neben AutoML auch andere Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, die angestrebten Ziele zu erreichen. KMU müssen sich die grundsätzliche Frage stellen, ob sie KI-Lösungen selbst entwickeln oder auf Standardprodukte und maßgeschneiderte Lösungen von externen Partnern zurückgreifen wollen. Sollte sich ein KMU für die interne Entwicklung von KI-Lösungen entscheiden, kann AutoML wichtiger Teil einer KI-Strategie werden.

Abgesehen von der Notwendigkeit einer klaren KI-Strategie unterstreicht die Studie die Bedeutung externer Unterstützung für KMU beim Thema KI. Mehrere Teilnehmer halten eine KI-Initiative ohne Partnerschaften für kaum durchführbar. Kooperationsmöglichkeiten mit Lösungsanbietern, spezialisierten Beratern, Forschungseinrichtungen oder Hochschulen sollten daher evaluiert und gegebenenfalls genutzt werden.

Fraunhofer Austria bietet im Rahmen des DIH West am 7. Oktober 2021 einen kostenlosen Online-Workshop zum Thema AutoML an. Die Veranstaltung richtet sich an Personen, die mehr über die Stärken und Schwächen verschiedener Implementierungen und den Einsatz von AutoML in der Praxis erfahren möchten. Weitere Informationen zum Workshop finden Sie hier: Online Workshop: Künstliche Intelligenz in KMU: Kann AutoML den Einstieg erleichtern?

Autoren

Stephan Olsowski

Stephan Olsowski

Fraunhofer Innovationszentrum »Digitale Transformation der Industrie«, Fraunhofer Austria Research GmbH
stephan.olsowski@fraunhofer.at

Daniel Bachlechner

Daniel Bachlechner

Fraunhofer Innovationszentrum »Digitale Transformation der Industrie«, Fraunhofer Austria Research GmbH
daniel.bachlechner@fraunhofer.at