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Wertschöpfung ist das Ziel jedes Unternehmens, ganz egal ob KMU oder Großunternehmen. In Bezug auf Daten durchläuft die Welt aktuell einen Paradigmenwechsel. Es wird immer wichtiger, Wege zu finden, mit denen sich nachhaltig neue Werte schaffen oder bestehende Betriebsabläufe verbessern lassen. Die Wertschöpfungskette gilt als Schlüssel für die Optimierung von Wertschöpfungsprozessen in Unternehmen. Durch die voranschreitende Digitalisierung gewinnt die Nutzung von Daten über einzelne Elemente der Wertschöpfungskette hinaus an Bedeutung. Das ganze Potenzial lässt sich nur ausschöpfen, wenn Daten unternehmensübergreifend über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg genutzt werden (Faroukhi et al. 2020).
In den letzten Jahren sind betriebliche Anpassungsprozesse immer komplexer geworden. Vor allem die Digitalisierung stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Weithin bekannt ist, dass der Digitalisierungsprozess in Unternehmen zu mehr Effizienz führen kann. Darüber hinaus bringt er jedoch auch eine oft vernachlässigte Wertquelle zum Vorschein: Daten und daraus ableitbare Informationen. Der bisherige produkt- oder prozessorientierte Wertschöpfungsansatz, wird zunehmend durch den der Datenwertschöpfungskette erweitert und teilweise sogar abgelöst.
Nützliche Informationen werden aus Daten gewonnen und monetarisiert (Faroukhi et al. 2020). Zur Wertschöpfung aus Daten gibt es verschiedene Ansätze.
Zum einen können Unternehmen mithilfe von Daten ihr Produktangebot durch Dienstleistungen ergänzen. Dieser Ansatz ist jedoch nicht ganz neu. Bereits im 19. Jahrhundert begannen Unternehmen, Produkte und Dienstleistungen – z.B. Maschinen und Instandhaltungsleistungen – zu kombinieren (Schmenner 2009). Ab den späten 1980ern wurde das Phänomen in der Literatur unter dem Begriff „Servitisierung“ bekannt, ein Konzept, das aus verschiedenen Blickwinkeln diskutiert und untersucht wurde (Vandermerwe und Rada 1988). Heute kombinieren Unternehmen ihr Produkt- und Dienstleistungsangebot immer stärker mit digitalen Angeboten (Baines et al. 2009).
Maschinenhersteller bieten heute beispielsweise nicht mehr nur Instandhaltungsverträge an, sondern können durch Datenanalysen vorhersagen, wann Verschleißteile gewechselt werden müssen und helfen so Instandhaltungskosten zu minimieren. In diesen Angeboten sind verschiedene digitale Produkte enthalten, wie z. B. Software und Dienstprogramme, digital unterstützte Dienstleistungen wie Zustandsüberwachung und prädiktive Instandhaltung sowie alle weiteren aus Daten ableitbaren Informationen (Paschou et al. 2020). Wissenschaftler gehen davon aus, dass dieser Wandel, der üblicherweise als „digitale Servitisierung“ bezeichnet wird, eine strategische Differenzierung mit sich bringt und die Voraussetzung für weitere disruptive Transformationen schafft (Becker und Schmid 2020).
Smarte, vernetzte Produkte kombiniert mit Technologien wie Cloud Computing, dem industriellen Internet der Dinge oder Verfahren der künstlichen Intelligenz (KI) sind der Schlüssel zur digitalen Transformation von Dienstleistungen (Ardolino et al. 2018). Sie werden eingesetzt, um die Verbindung mit dem Kundenstamm zu stärken und neue Wege der gemeinsamen Wertschöpfung durch die Bereitstellung datenbasierter Dienstleistungen zu ermöglichen (Zheng et al. 2018). Für die Kombination des Produkt- und Dienstleistungsangebots mit smarten, vernetzten Produkten und anderen digitalen Technologien und Verfahren gibt es zahlreiche Bezeichnungen, wobei „Smart Services“ am gebräuchlichsten ist (Pirola et al. 2020). Der wesentliche Unterschied zwischen einem traditionellen und einem intelligenten Produkt- und Dienstleistungsangebot liegt im Datenfluss, da von smarten, vernetzten Produkten Daten für die gemeinsame Wertschöpfung gesammelt werden. Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass Wertschöpfung durch Daten möglich wird, wenn die Daten in Form von Smart Services bereitgestellt werden, die den spezifischen Bedürfnissen des Marktes entsprechen. Smart Services können für produzierende Unternehmen genauso wertvoll sein wie für Unternehmen im Dienstleistungssektor (Chiu et al. 2021).
Daten können aber nicht nur durch die Generierung von Smart Services monetarisiert werden. Unternehmen sind zunehmend dazu bereit Daten zu kaufen, wenn sie sich daraus einen Vorteil versprechen – z. B. wenn für KI-Anwendungen große Datenmengen benötigt werden. Um diesen Bedarf an Daten zu decken, sind herstellerunabhängige Datenökosysteme und -märkte notwendig, welche für alle Akteure zugänglich sind (Braud et al. 2021). Die International Data Spaces Association (IDSA) betont im Hinblick auf den Austausch und die unternehmensübergreifende Nutzung von Daten die Bedeutung von Werten wie Datenschutz und Sicherheit, Chancengleichheit durch ein föderales Design und Datenhoheit für den Ersteller der Daten sowie von einem vertrauenswürdigen Verhältnis aller Teilnehmer zueinander (IDSA 2018). Der unabhängige, nachhaltige und faire Handel mit Daten steht im Mittelpunkt von Initiativen zur Förderung der unternehmensübergreifenden Datennutzung.
Es ist noch ein weiter Weg bis die unternehmensübergreifende Datennutzung eine breite Akzeptanz findet, denn viele Unternehmen sehen ihre Daten noch immer als Basis von Wettbewerbsvorteilen gegenüber der Konkurrenz. Es lässt sich allerdings beobachten, dass die Sinnhaftigkeit des Datenprotektionismus zunehmend hinterfragt wird. Gerade durch den Wandel von einfachen Produkten und Dienstleistungen zu intelligenten und vernetzten Produktplattformen wird dieser Paradigmenwechsel beschleunigt. Im Gegensatz zu traditionellen Produktplattformen – z. B. in der Automobilindustrie – liegt der Wert von intelligenten Produkten nicht mehr nur im Produkt selbst, sondern in den Verbindungen mit einem Geschäftsökosystem. Daraus resultierende Netzwerkeffekte sowie die Besonderheiten von mehrseitigen Märkten wurden bereits intensiv untersucht, unter anderem durch den Wirtschaftsnobelpreisträger von 2015, Jean Tirole.
Im Sinne von Data-as-an-Asset werden Daten zunehmend als ein Unternehmenswert betrachtet, den es gewinnbringend einzusetzen gilt. Im Rahmen des DIH West unterstützt Fraunhofer Austria Unternehmen nicht nur bei der internen Monetarisierung von Daten, bei der der Fokus auf der Optimierung der Wertschöpfungsprozesse im Unternehmen liegt, sondern auch bei der externen Monetarisierung, bei der neben der Generierung von Smart Services auch der Verkauf von Daten im Fokus steht. In der Praxis geht es im Hinblick auf die externe Monetarisierung von Daten meist um die systematische Generierung und Priorisierung von Ideen, wie Daten im Rahmen von Smart Services oder durch Verkauf monetarisiert werden können.
Durch den Einsatz von Methoden und Werkzeugen wie dem Data Canvas oder dem Smart Service Check, die von Fraunhofer Austria weiterentwickelt wurden, sowie durch die Anwendung von Kreativitätstechniken, kann die Ideenentwicklung und Umsetzungsplanung gezielt unterstützt werden. Wichtig ist, dass es Unternehmen gelingt ein Verständnis für die Möglichkeiten und Grenzen bei der Monetarisierung von Daten zu erlangen. Dabei kann neben einer Bewertung der Datenbasis, ein Überblick über branchenübliche Vorgehensweisen helfen. Das Ziel ist in der Regel die Auswahl und Priorisierung von konkreten Maßnahmen.
Im Zusammenhang mit der unternehmensübergreifenden Nutzung von Daten ist immer wieder von Data Pooling die Rede. Was darunter verstanden wird und welche Potenziale Data Pooling für KMU hat, können Sie im Rahmen einer Veranstaltung am 27. Juni 2022 erfahren:
Autor
Fabian Lächler
Fraunhofer Innovationszentrum »Digitale Transformation der Industrie«, Fraunhofer Austria Research GmbH
fabian.laechler@fraunhofer.at
Literaturverzeichnis
Ardolino, Marco; Rapaccini, Mario; Saccani, Nicola; Gaiardelli, Paolo; Crespi, Giovanni; Ruggeri, Carlo (2018): The role of digital technologies for the service transformation of industrial companies. In: International Journal of Production Research 56 (6), S. 2116–2132. DOI: 10.1080/00207543.2017.1324224.
Baines, T. S.; Lightfoot, H. W.; Benedettini, O.; Kay, J. M. (2009): The servitization of manufacturing. In: Jnl of Manu Tech Mnagmnt 20 (5), S. 547–567. DOI: 10.1108/17410380910960984.
Becker, Wolfgang; Schmid, Oliver (2020): The right digital strategy for your business: an empirical analysis of the design and implementation of digital strategies in SMEs and LSEs. In: Bus Res 13 (3), S. 985–1005. DOI: 10.1007/s40685-020-00124-y.
Braud, Arnaud; Fromentoux, Gael; Radier, Benoit; Le Grand, Olivier (2021): The Road to European Digital Sovereignty with Gaia-X and IDSA (2).
Chiu, Ming-Chuan; Huang, Jih-Hung; Gupta, Saraj; Akman, Gulsen (2021): Developing a personalized recommendation system in a smart product service system based on unsupervised learning model. In: Computers in Industry 128, S. 103421. DOI: 10.1016/j.compind.2021.103421.
Faroukhi, Abou Zakaria; El Alaoui, Imane; Gahi, Youssef; Amine, Aouatif (2020): An Adaptable Big Data Value Chain Framework for End-to-End Big Data Monetization. In: BDCC 4 (4), S. 34. DOI: 10.3390/bdcc4040034.
IDSA (2018): Sharing Data While Keeping Data Ownership. The Potential of IDS For The Data Economy.
Paschou, T.; Rapaccini, M.; Adrodegari, F.; Saccani, N. (2020): Digital servitization in manufacturing: A systematic literature review and research agenda. In: Industrial Marketing Management 89, S. 278–292. DOI: 10.1016/j.indmarman.2020.02.012.
Schmenner, Roger W. (2009): Manufacturing, service, and their integration: some history and theory. In: International Journal of Operations & Production Management 29 (5), S. 431–443. DOI: 10.1108/01443570910953577.
Vandermerwe, Sandra; Rada, Juan (1988): Servitization of business: Adding value by adding services. In: European Management Journal 6 (4), S. 314–324. DOI: 10.1016/0263-2373(88)90033-3.
Zheng, Pai; Lin, Tzu-Jui; Chen, Chun-Hsien; Xu, Xun (2018): A systematic design approach for service innovation of smart product-service systems. In: Journal of Cleaner Production 201, S. 657–667. DOI: 10.1016/j.jclepro.2018.08.101.