5 Mythen des Innovationsmanagements – Teil 4

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​Wie können wir als Unternehmen innovativer werden, um unser zukünftiges Bestehen zu sichern?

Diese Frage stellen sich, gerade im Kontext der Digitalisierung, viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Um KMU bei der Verbesserung ihrer Innovationsfähigkeit zu unterstützen, möchten wir in einigen kurzen Beiträgen den gängigsten Mythen rund um das Thema Innovationsmanagement auf den Grund gehen. Im letzten Beitrag haben wir argumentiert, dass man auch ohne hoch-komplexe Technologien oder F&E-Ausgaben in Millionenhöhe innovativ sein kann – Innovationen müssen also nicht immer high-tech Lösungen sein (hier geht es zum Beitrag).

Mythos 4: “Nur Genies sind kreativ.”

„Du bist ein Genie!“ – Wer wird nicht gerne mit diesem Ausruf belohnt, deutet er doch darauf hin, dass man eine besonders kreative Idee hatte. Der Erfolg vieler bekannter Unternehmen heute wie in der Vergangenheit wird oft mit „genialen“ Unternehmern verbunden. Man denke nur an die großen Väter der Industrialisierung wie Henry Ford, Fritz Thyssen und Thomas Edison. In jüngerer Zeit sind hier sicherlich Namen wie Jeff Bezos, Elon Musk, Dietrich Mateschitz, Joseph Zotter – und natürlich Steve Jobs – zu nennen. All diesen „Genies“ ist gemeinsam, dass sie mit ihren Visionen, Ideen und ihrem Erfolgswillen ihre Unternehmen zu Innovationsführern gemacht haben. Dieses Phänomen hat bereits Joseph Alois Schumpeter in seinem Frühwerk in der Person des „Unternehmers“ beschrieben. Der erforderliche „Unternehmergeist“ sei, so Schumpeter, eine von „Gott gegebene Gabe“, die Unternehmen dazu befähigt, neue Ideen und Lösungen erfolgreich in marktreife Produkte und Prozesse zu überführen, Marktpotenziale zu erkennen sowie die notwendigen Ressourcen zu organisieren und die relevanten Personen zusammenzubringen.

Und nun? Bedeutet das für Unternehmen, dass man einfach hoffen muss, dass man solch eine „Unternehmerpersönlichkeit“ in den eigenen Reihen hat, wenn man innovativ sein möchte? Natürlich nicht!

Erstens umfasst Innovation nicht nur die Entwicklung von bahnbrechenden Neuerungen, sondern eben auch kleinschrittige Verbesserungen bestehender Lösungen sowie die Ausweitung bestehender Geschäfts- oder Technologiefelder eines Unternehmens.

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Zweitens ist erfolgreiche Innovation heute eine Aufgabe des gesamten Unternehmens, d.h. aller Funktionsbereiche und Abteilungen von der Produktentwicklung, dem Vertrieb, Einkauf, Produktion bis hin zu Marketing und Service. Hierfür sind Einzelgenies nicht mehr ausreichend. Um das Innovationsrennen langfristig zu gewinnen, braucht es starke Teams.

 

 

Und drittens sind Innovationen oft das Ergebnis typischer, wiederkehrender Prinzipien.[1] Der Ansatz des „Systemic Inventive Thinking“ (SIT) identifiziert beispielsweise 5 universellen Grundprinzipien auf die sich nahezu alle Innovationen letztendlich zurückführen lassen:

  • Prinzip 1: Weglassen/Wegnehmen
    Hierbei geht es darum eine Komponente oder auch eine Funktion zu entfernen. So ist ein Heimtrainer eigentlich ein Fahrrad ohne Räder und Kontaktlinsen eine Brille ohne Gestell. Auch beim Innovationsschritt vom Mobiltelefon zum Smartphone wurde die physische Tastatur zu Gunsten eines Touch Screens entfernt.
  • Prinzip 2: Multiplikation
    Gewisse Komponenten und Bestandteile eines Produktes werden mehrfach integriert, wie z.B. doppelverglaste Fenster oder Smartphones mit mehreren Kameras.
  • Prinzip 3: Teilen
    Nicht nur bei Produkten kann durch eine Abteilung/Trennung von Funktionen ein Mehrwert für Kunden geschaffen (z.B. Fernbedienung beim TV-Gerät) an. Gleiches gilt auch für Dienstleistungen (z.B. die Trennung zwischen Kauf und Bezahlung – „Kaufe jetzt, bezahle später“).
  • Prinzip 4: Neue Attribute/Beziehungen
    Dabei werden bestehende Produkte/Dienstleistungen/Prozesse durch neue Attribute oder Beziehungen ergänzt. So produziert die Bäckerei Therese Mölk in Tirol beispielsweise nun statt Gin auch Desinfektionsmittel nach der Rezeptur der WHO. Ein anderes Beispiel ist das dynamische Kurvenlicht moderner Autos, bei denen die vormals starren Scheinwerfer nun „mitlenken“.
  • Prinzip 5: Zusammenfassung
    Auch ist es möglich Funktionen, Anwendungen und auch Komponenten zu kombinieren und zu einem Gesamten zusammenzufassen. Ein Kaffee-Vollautomat kombiniert z.B. die Kaffeemühle mit der Kaffeemaschine, der Thermomix vereint Küchenmixer und Kocher.

Was können KMU aus diesem Mythos lernen?

Diese „universellen Grundprinzipien“ können nicht nur von allen Beschäftigten erlernt und trainiert werden, sondern können auch auf alle Funktionsbereiche des Unternehmens angewendet werden. Durch unterschiedliche Ansätze auf Unternehmensebene sowie individuelle Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen kann jedes Team innovativer und kreativer werden.

Das MCI unterstützt und begleitet Unternehmen wissenschaftlich mit neuen methodischen Ansätzen des Innovationsmanagements. Im Workshop Programm 2021 werden wir uns auf die Themen Innovationscontrolling, Ideenmanagement und Innovationsmanagement 4.0 konzentrieren. Alle Termine dazu finden Sie unter dem Schwerpunkt „Innovationsmanagement“ auf der DIH West Webseite.

Wir freuen uns auf Sie!

[1] Beispielsweise die „Theorie des erfinderischen Problemlösens“ (TRIZ) bzw. im Englischen „Theory of Inventive Problem Solving (TIPS)“ oder auch der Ansatz des Systematic Innovative Thinking (SIT).

FH-Prof. Dr. Oliver Som

FH-Prof. Dr. Oliver Som

Department Wirtschaft & Management, MCI
oliver.som@mci.edu

 

Juliana Pattermann

Juliana Pattermann

Department Wirtschaft & Management, MCI
juliana.pattermann@mci.edu